BDSM in der Beziehung

Wenn es um das Thema BDSM geht, scheiden sich häufig die Geister – denn was für die einen als reines Spiel im sexuellen Kontext gedacht ist, funktioniert für die anderen ausschließlich nur in einer festen und vertrauensvollen Beziehung. Doch nicht zuletzt aufgrund des deutlichen Machtgefälles zwischen dem dominanten und dem devoten beziehungsweise unterwürfigen Partner stellt sich verständlicherweise die Frage, inwiefern eine solche BDSM-Partnerschaft überhaupt möglich ist, ohne die Beziehung außerhalb des Schlafzimmers zu gefährden. Auf welche Spielregeln sollte man achten? Welche Freiheiten und Rechte gibt es und welche Tabus müssen auf jeden Fall eingehalten werden?

BDSM in der Beziehung kann gut funktionieren © envato elements

Fesselungen, Atemreduktion, Bestrafungen, blaue Flecken, Striemen und vollständige sexuelle Unterwerfung – was für zahlreiche BDSM-Liebhaber als fester Bestandteil eine Session gilt, kann von Außenstehenden schnell als kaltherzig und sogar als übermäßig brutal empfunden werden. Daher verwundert es auf den ersten Blick auch nur wenig, dass viele Menschen denken, dass BDSM sich nicht als Grundlage für eine gesunde und liebevolle Beziehung eignen kann. Doch ist BDSM gerade in einer festen Partnerschaft häufig viel mehr, als nur ein einfacher Fetisch (auch Kink genannt). Stattdessen geht es um tiefes Vertrauen, Empathie, Respekt, Verbundenheit und nicht zuletzt auch um Liebe – also genau die Dinge, die sich die meisten „normalen“ Menschen in einer „normalen“ Beziehung wünschen. Zudem geht es bei BDSM nicht zwangsläufig nur darum, den Partner oder die Partnerin zu erniedrigen oder gar um bewusst zugefügte Verletzungen, sondern im gleichen Maße auch um Zärtlichkeit, Wertschätzung und liebevolle Hingabe.

BDSM als Teil des Lebens: Kann das in einer Beziehung bzw. Partnerschaft tatsächlich funktionieren?

Heutzutage kommt man bekanntlich recht schnell mit dem Thema in Berührung – sei es auf einschlägigen Pornoseiten im Internet oder im Sexshop um die Ecke, in dem es mittlerweile eine breite Auswahl an passenden BDSM-Spielzeugen zu finden gibt. Doch wer BDSM nicht nur als Rollenspiel für zwischendurch sieht, sondern als echte Lebenseinstellung, braucht vor allem in einer bestehenden Partnerschaft weit mehr als nur Bondage mit Fesseln und Ballknebel. Und gerade Anfängern fällt es verständlicherweise schwer, den geliebten Partner bewusst zu dominieren oder sich auf der anderen Seite vollkommen zu unterwerfen und sich voll und ganz hinzugeben. Denn wie in jeder gesunden Beziehung geht ohne Vertrauen herzlich wenig – vor allem wenn das eigene Wohlergehen auf dem Spiel steht. Dementsprechend ist ein vertrauensvoller Umgang aller Beteiligten die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche BDSM-Beziehung.

Ebenso gilt es, das Machtgefälle zwischen Dom (der dominante Part) und Sub (kurz für Submissive, also der devot-unterwürfige Part) auch im Alltag – und somit außerhalb des Schlaf- beziehungsweise Spielzimmers – aufrecht zu erhalten, ohne dabei Bedürfnisse wie Zärtlichkeit, Nähe und Sicherheit außer Acht zu lassen. Damit dieser Spagat gelingt, sollten sowohl Dom als auch Sub stets vollkommen offen und ehrlich miteinander umgehen und optimalerweise von Anfang an Grenzen und Tabus festlegen. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass es nicht immer nur um harten Sex und um die Wünsche des Einzelnen geht, sondern auch darum, dass alle Beteiligten sich wohl und sicher fühlen können – egal ob zuhause oder in der Öffentlichkeit. Es gilt also, sich trotz dieses Machtgefälles auf Augenhöhe zu begegnen und auf emotionaler Ebene miteinander umzugehen.

Die verschiedenen Beziehungsmodelle einer BDSM-Partnerschaft

Heutzutage gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie man das Thema BDSM in eine feste Partnerschaft integrieren kann. Und praktischerweise gibt es für die meisten dieser Beziehungsmodelle eigene Bezeichnungen und Begrifflichkeiten.

  • 24/7
    Wenn die Partnerschaft durchgehend von BDSM-Faktoren geprägt wird, spricht man im Allgemeinen von einer 24/7-Beziehung (24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche). Diese Form der BDSM-Beziehung setzt ein besonders hohes Maß an Vertrauen, Empathie und Zuneigung voraus.
  • EPE
    Bei dem sogenannten EPE-Beziehungsmodell (Abkürzung für Erotic Power Exchange) trifft ausschließlich der dominante Part sämtliche sexuellen Entscheidungen – egal ob auf sadistische oder romantische Art und Weise. Außerhalb der eigenen vier Wände verläuft eine solche Partnerschaft jedoch meist relativ „normal“, da der Alltag des Subs nur wenig davon betroffen ist.
  • TPE
    Beim TPE (Total Power Exchange) liegt hingegen die gesamte Entscheidungsmacht bei dem dominanten Part (egal ob männlich dominiert oder FemDom) – also nicht nur das Sexuelle. Da der devote Partner hierbei nicht nur seinen Körper voll und ganz zur freien Verfügung stellt, sondern auch alle anderen Entscheidungen und Lebensbereiche fremdbestimmen lässt, bedarf es hier quasi blindem Vertrauen, weshalb sich TPE in der Regel auch nur für Beziehungen eignet, die bereits über viele Jahre gewachsen sind.
  • CIS
    Wem das TPE-Modell zu lasch sein sollte, kann noch einen Schritt weitergehen und CIS (Complete Irrevocable Submission) ausprobieren. In dieser extremsten Beziehungsform überträgt der unterwürfige Partner sämtliche Macht an den Dom – und das irreversibel, einschließlich allen Entscheidungen in Bezug auf Finanzen, Familie und Beruf.

Und abschließend noch ein wichtiger Hinweis: Egal für welches Modell man sich schlussendlich entscheidet und egal wie man BDSM innerhalb einer (festen) Beziehung ausleben möchte, sollten sämtliche Verantwortlichkeiten frühzeitig und unter allen Umständen in beidseitigem Einvernehmen festgelegt werden. Hier spricht man auch von SSC (safe, sane & consensual), also sicher, vernünftig und einvernehmlich – denn nur mit diesen drei Grundsätzen ist es möglich, eine derart besondere Partnerschaft auch über einen längeren Zeitraum ohne Probleme aufrecht zu erhalten.